Am 23. Juli kommen wir von unserem Besuch in Deutschland zurück zum Boot. Von hier aus, der Marina Leixões im Norden von Porto, soll es in einem langen Schlag direkt nach Madeira weiter gehen. Vor dieser für uns bisher längste Seepassage wollen wir noch den neuen Autopilot und das Satellitenkommunikationsgerät installieren und am Boot ein paar Wartungs- und Reparaturarbeiten durchführen. Dafür haben wir einiges an neuer Ausrüstung aus Deutschland mitgebracht oder von dort aus auf den Postweg zur Marina geschickt. Wir rechnen für die Arbeiten am Boot zunächst mit etwa einer Woche Aufenthalt, bis es Richtung Madeira losgehen kann.
Die Umgebung der Marina gibt, vom Strand und einem Leuchtturm abgesehen, touristisch kaum etwas her. In der Nachbarschaft liegt der Industriehafen, dessen Entladekräne und Containerstapel man vom Boot aus sehen kann. Eine schöne Altstadt oder ein einladendes Ortszentrum gibt es hier nicht. Dafür ein durchaus beeindruckendes Wetterphänomen: Dichten Nebel, der aus strahlendem Sonnenschein innerhalb weniger Minuten aufziehen und sich ebenso schnell wieder auflösen kann. Häufig ist es morgens neblig und klar dann auf, manchmal ist es umgekehrt.
Schon nach wenigen Tagen wird uns allerdings klar, dass wir mit einer Woche im Hafen nicht auskommen werden. Denn es gibt viele Kleinigkeiten, die wir auch noch erledigen wollen und die in Summe dann doch ganz schön aufwendig sind. Beispielsweise isolieren wir die Kältemittel-Zuleitung zu unserem Kühlschrank, tauschen die niederländische gegen die spanische Gasflasche, schmieren die Rollen und Schienen an Deck und stellen den Wartungsplan mit Wartungskalender fertig. Hinzu kommt, dass die meisten Aktivitäten viel länger dauern als erwartet. Das liegt zum einen daran, dass wir vieles – auch nach eineinhalb Jahren Bootsleben – zum ersten Mal machen, und uns daher erst einmal überlegen müssen, wie es genau geht. Zum anderen liegt bei vielem der Teufel eben doch im Detail, und diese Details beschäftigen einen dann: Sei es, dass man doch noch Teile braucht, die „mal eben“ mit dem Fahrrad im fünf Kilometer entfernten Baumarkt gekauft werden müssen, oder die Einbausituation auf dem Boot gestaltet sich schwierig, oder es ist erst einmal eine kleine Internet-Recherche erforderlich.
Bevor Marc sich an die Installation des Satellitenkommunikationsgerätes machen kann, beschäftigt ihn eine wichtige Besorgung, die unerwartet weder in Portugal noch in Spanien möglich ist. Nach drei Tagen, in denen er verschiedene Stellen in Porto mit dem Bus abklappert, telefoniert und im Internet nach Lösungen sucht, bleibt schließlich nur ein Express-Versand aus Deutschland, der durch die Unterstützung unserer wunderbaren Shore-Crew in der Heimat dann letztlich reibungslos klappt.
Ich bessere kleine Roststellen an Deck, die Macke am Bugspriet (siehe Beitrag Finale Furioso) sowie eine weiterer auf der Backbordseite aus. Mit den notwendigen Vorbereitungen und Arbeitsschritten – reinigen, abkleben bzw. markieren, schleifen, Roststopper auftragen, grundieren, die Macken spachteln und nochmal schleifen und schließlich lackieren – bin ich tagelang beschäftigt.
Um dem Arbeitslagerkoller entgegen zu wirken, versuchen wir die schönen Abendstunden bei einem Sundowner zu genießen, entweder an Deck oder in einer der nahe gelegenen Strandbars.
Nach einer guten Woche machen wir einen Tag Pause von unserer Werkelei an Bord und unternehmen einen Ausflug in die Innenstadt von Porto. Wir waren vor etwa 20 Jahren schon einmal hier und sind nun gespannt, wie sich die Stadt entwickelt hat. Nachdem wir den Flair eine Weile auf uns wirken lassen, sind wir positiv überrascht. Die Stadt ist mit ihren vielen unterschiedlichen Stadtvierteln absolut sehenswert, dabei zumindest bei unserem Besuch nicht touristisch überlaufen und viel gepflegter als damals. Wir erkunden die Stadt ganz entspannt in ihren vielen verschiedenenen Facetten, finden ein typisches und immer noch spottbilliges Cafe mit Mittagstisch und gehen abends nach ausführlichem Rundgang gemütlich essen.
Auch die zweite Woche im Hafen vergeht wie im Flug. Wir schließen nun zumindest einige der aufwendigeren Arbeiten ab. Unter anderem wird das Satellitenkommunikationssystem installiert und eingerichtet, die Duschablaufpumpe im vorderen Bad endlich richtig angeschlossen, Roststellen in den Backskisten und im Ankerkasten ausgebessert, einige abgenutzte Leinen ausgetauscht, der Anker mit Kette inspiziert, neue Längenmarkierungen angebracht und das zwischen den Doppelscheiben beschlagene Fenster im Deckshaus erneuert.
Schon bald wird uns allerdings klar, dass wir noch mindestens eine dritte Woche brauchen, um alles zu erledigen, was uns für die langen Seepassagen noch wichtig ist. Vor allem die Installation des neuen Autopiloten ist erheblich aufwendiger als erwartet. Wir beide wollen endlich nach Madeira, schaffen es aber, gelassen zu bleiben und uns nicht unter Druck zu setzen; es dauert so lange, wie es eben dauert. Und hier in Leixões haben wir ganz gute Rahmenbedingungen, um die Arbeiten zu machen, die ja nun mal irgendwann fällig sind: Der Nebel, der regelmäßig aufzieht, und die kühle Luft des Atlantiks haben den Vorteil, dass es selten unangenehm heiß wird. Die Hafengebühren sind vergleichsweise günstig, die Einkaufsmöglichkeiten sind gut und der Postversand an das Hafenbüro klappt problemlos und wird von uns noch für diverse Lieferungen in Anspruch genommen.
Nach drei Wochen sind wir soweit, dass wir anfangen, allmählich nach einem geeigneten Wetterfenster für die Überfahrt nach Madeira Ausschau zu halten. Es scheint, also könnte nach dreieinhalb Wochen in Porto der Samstag ein geeigneter Tag für dern Start sein. Wir arbeiten in den Tagen davor emsig auf diesen Zeitpunkt hin, um alles fertig zu bekommen, was wir uns vorgenommen haben. Am Freitag, einen Tag vor der möglichen Abfahrt, fahren wir unter Motor nach Porto zum Tanken und zur Kalibrierung des neuen Autopiloten. Und schließlich ist am Abend dann alles bereit, inklusive frisch gewaschener Wäsche und voller Proviantfächer. Doch dann macht uns das Wetter einen Strich durch die Rechnung: Es ist zu viel Wind und Welle, gerade zu Beginn der Fahrt, und wir verschieben den Abfahrtstermin kurzfristig.
Da eine Abfahrt nach Madeira frühestens in vier Tagen in Aussicht ist, beschließen wir, die Zeit für einen Ausflug nach Lissabon auf dem Landweg zu nutzen. Und so machen wir uns am Sonntag Mittag auf den Weg. Auf der Busfahrt nach Süden wird die Landschaft allmählich weniger grün, trockener und karger. Wir kommen am Nachmittag in Lissabon an und haben nach der Fahrt zu Hotel und dem Einchecken noch Zeit für einen abendlichen Spaziergang zu einem der Aussichtspunkte und durch das Altstadtviertel Alfama, wo wir bei Fado-Klängen gemütlich zu Abend essen.
Die nächsten eineinhalb Tage verbringen schauen wir uns die Stadt und ihre Sehenswürdigkeiten an. Gegenüber Porto wirkt Lissabon mondäner, innerhalb der sehr unterschiedlichen Stadtviertel einheitlicher und mehr touristisch herausgeputzt. Und es ist hochsommerlich warm und strahlend sonnig in Lissabon. Den tristen, aber kühlenden Nebel wie in Porto gibt es hier nicht mehr. Wir genießen diesen Ausflug nach Lissabon sehr und sind froh, nach allen Bootsprojekten uns nun auch dafür die Zeit genommen zu haben.
Zurück in Porto geht es dann auch ganz schnell, dass sich ein Wetterfenster für die lange Überfahrt nach Madeira auftut. Wir verbringen noch einen Tag im Hafen, dann geht es nach einem Monat Aufenthalt in Leixões endlich los.