Schottisches Wetter und eine Queen

Es ist der Abend des 27. Juni, als wir endlich Schottland erreichen. Von unserem Ankerplatz in der Brown’s Bay in Nordirland sind wir nachmittags gestartet, als der Gezeitenstrom günstig für die Überfahrt über den North Channel nach Nordosten war. So haben wir die Nordkomponente der Strecke praktisch von der Strömung geschenkt zu bekommen. Das Wetter ist trüb und regnerisch. Erst als wir die hammerförmige Halbinsel Rhins of Galloway erreichen, klart das Wetter auf. In der Abendsonne leuchtet nun die Küste Schottlands in klarem Blau und Grün, als wolle sie uns mit der Pracht ihrer besonderen Farben empfangen.

Im letzten Tageslicht werfen wir unseren Anker in der geschützten Bucht The Wig am Ende von Loch Ryan. Hurra, wir haben Schottland erreicht! Seit wir im April losgesegelt sind, war Schottland unser Reiseziel für diesen Sommer. Nun, mehr als ein Vierteljahr später und nach manchen unerwarteten Begebenheiten und Planänderungen, haben wir es endlich erreicht. 

Am nächsten Tag geht es vorbei an der Insel Ailsa Craig, die rund wie eine steinerne Kuppel aus dem Wasser ragt, nach Lamlash auf der Insel Arran.

Hier ankern wir geschützt durch Holy Island in der Nähe des Ortes auf ziemlich abschüssigem Grund. Der Versuch, es hier mit Angeln zu versuchen, ist zwar erfolgreich, allerdings sind die Makrelen noch zu klein und werden wieder zurück ins Wasser geworfen. Nur eine landet schließlich zur Bereicherung des Abendessens in der Pfanne.

Für die nächsten Tage sagt die Wettervorhersage an der schottischen Westküste den Durchzug eines heftigen Tiefdruckgebietes mit Sturmböen voraus. Und so sehr wir inzwischen das Ankern schätzen, bei diesem Wetter wollen wir uns doch lieber in einen sicheren Hafen verkriechen. Dafür haben wir uns Tarbert ausgesucht, das sehr geschützt in einem Einschnitt des Lower Loch Fyne am nordöstlichen Rand der Halbinsel Kintyre liegt. Schon auf dem Weg nach Tarbert regnet es zeitweise heftig, und ein dicker grauer Schleier aus Nebel- und Regenschwaden liegt über der Landschaft.

Tarbert ist ein kleines, sehr hübsches Hafenörtchen mit Läden und Pubs entlang der Hafenstrasse, einer Burgruine, einer alten Kirche, einem kleinen Supermarkt und typisch schottischem Flair. Und typisch schottisch scheint uns auch das Wetter zu sein: Es ändert sich ständig und wechselt im Zehn-Minuten-Takt zwischen Sonne, Sturm und Regenschauern. Und entsprechend häufig gibt es dann auch einen Regenbogen zu sehen.

Zufällig findet an dem Wochenende, das wir in Tarbert verbringen, das Seafood Festival statt. Es gibt entlang des Hafens Stände mit allerlei Meeresfrüchten, eine herrlich schrullige Parade durch den Ort und als Höhepunkt die Krönung der Tarbert Seafood Festival Queen. Uns lässt dieses Fest an den Flörsheimer Markt denken, das Weinfest in unserer alten Heimat Flörsheim-Dalsheim, mit Freiwein und Krönung des Fräulein von Flörsheim – nur, dass es in Tarbert eben nicht um rheinhessischen Wein, sondern um schottische Meeresfrüchte geht und die Kulisse eine völlig andere ist.

Am nächsten Tag wird das Ende des Festival-Wochenendes mit „Beer at the Pier“ begossen (was bei Karin, wie vielleicht auch bei einigen früheren Kollegen unter unseren Blog-Lesern, Erinnerungen an „Bier um Vier“ weckt). Da die Regenschauer offenbar selbst für Schotten zu heftig sind, um sie einfach zu ignorieren, findet dieses gemeisame Bietrinken dann nicht am Pier im Ort, sondern am Hafen im Zelt statt.

Abend laufen wir noch eine kleine Runde zu der über dem Ort gelegenen Burgruine. Wir brauchen wegen starker Regenschauer zwar zwei Anläufe dazu und müssen auf dem Rückweg in den Supermarkt flüchten, um nicht klatschnass zu werden, dafür bietet sich vom Castle aus ein schöner Blick auf Tarbert und den Hafen.

Wir sind nun richtig in Schottland angekommen und trotz des wechselhaften Wetters begeistert von dieser besonderen, zugleich schönen und rauen Landschaft. Unsere Tour soll nun weiter nach Norden führen zu den inneren Hebriden. Wir hoffen, auf dem Weg dorthin die Abkürzung durch den Crinan Canal nehmen zu können.