„Don’t miss Porto Santo!“

Nachdem wir uns nach unserer Ankunft am 27. August erstmal ausgeschlafen haben machen wir erstmal …  nichts. Wir genießen das süße Nichtstun, den Blick auf die kleine, karge Insel, das entspannte Schaukeln im Ankerfeld und das Gefühl, es bis hierher geschafft zu haben. Ein deutsches Pärchen von einem Nachbarboot kommt nachmittags vorbei, um Hallo zu sagen, und später trinken wir noch gemeinsam einen Kaffee bei uns im Cockpit. Erst am nächsten Tag lassen wir das Dinghy ins Wasser und fahren zum Hafen, um uns anzumelden – das muss man hier auch dann, wenn man vor dem Hafen ankert – und nach einem Platz am Steg zu fragen. Doch der Hafen ist bis auf weiteres voll. Das ist auch nicht schlimm, dann bleiben wir halt vor Anker liegen.

Da wir nun ohnehin an Land sind, laufen wir nach Vila Baleira. Das ist der kleine Hauptort der Insel, der etwas touristisch, aber nicht überlaufen ist, und in dem es recht geruhsam zugeht. Porto Santo lebt im Wesentlichen vom Badetourismus. Im Gegensatz zu Madeira, der Hauptinsel das Archipels, hat Porto Santo einen sechs Kilometer langen, goldenen Strand mit feinem Sand zu bieten. Ansonsten gibt es hier eigentlich nicht viel zu sehen. Natürlich wird der berühmteste Bewohner der Insel, Christoph Kolumbus, touristisch vermarktet. Doch insgesamt ist es vor allem eine kleine, hübsche und etwas verschlafene Insel mit einer wunderbar entspannten Atmosphäre. Schon von anderen Seglern ist uns von Porto Santo berichtet worden. „Don’t miss Porto Santo!“, das haben wir uns gemerkt, und nun verstehen wir auch, warum man sich hier so wohl fühlen kann.

Auf der Insel fahren offensichtlich Linienbusse, doch einen Fahrplan suchen wir am Hafen und an der zentralen Bushaltestelle im Ort vergeblich. Im Touristenbüro bestätigt man uns zwar, dass es Busse gibt, doch die Fahrpläne kennt man auch dort nicht. Das heisst, es gibt dort zwar Fahrpläne, und die dürfen wir auch gerne abfotografieren, doch die seien angeblich veraltet und die aktuellen habe man nicht. Wir sollen doch einfach beim Busfahrer nach dem Fahrplan fragen. Dazu müssten wir allerdings erst mal einen Bus an der Haltestelle antreffen … Aber man kommt auf der Insel ja auch zu Fuß ganz gut klar, und so beschließen wir, unsere Recherchen zum ÖPNV der Insel erstmal aufzugeben. Da wir auf dem Rückweg zum Hafen den Rucksack nach einem Einkauf im Supermarkt voll beladen haben, versuchen wir es per Anhalter und haben Glück. Ein Einheimischer nimmt uns mit und fährt uns direkt an den Steg, wo unser Dinghy liegt.

Im Ankerfeld liegen noch ein paar andere deutsche Boote, zum Teil auch mit dem Vereinsstander von Trans- Ocean. Und wir es bei Langfahrtseglern üblich ist, fährt man mit dem Dinghy mal dort vorbei und schnackt ein bisschen. So haben wir schnell ein paar andere Crews kennen gelernt und treffen uns abends mit ihnen in der Hafenbar. Manche sind schon einige Jahre unterwegs und planen nun zum wiederholten Mal die Atlantiküberquerung, andere wie wir sind nun das erste Mal so weit vom europäischen Festland entfernt und dankbar um Anregungen und Tipps. Doch nicht nur als Informationsquelle schätzen wir dieses Beisammensein. Es ist einfach schön, im Kreis von Gleichgesinnten den Abend zu verbringen und seine Erlebnisse und Pläne zu teilen. So eine lebendige Seglercommunity haben wir zuletzt in A Coruña (siehe Beitrag Hafentage in A Coruna) erlebt und freuen uns nun darüber.

Ein Thema treibt uns allerdings um, während wir so vor Anker herumschaukeln: Unsere Energieversorgung über Solarstrom. Bei vollem Sonnenschein bringen die Solarpaneele die angegebene Leistung, ein bedeckter Himmel oder teilweise Abschattung führt jedoch zu einem massiven Einbruch des Ladestroms. Vor Anker ist das kein Problem, denn unser Strombedarf ist dann ziemlich gering. Doch während der Überfahrt von Porto hierher hat der Solarstrom nicht ausgereicht, um neben dem Kühlschrank und der Elektronik auch den Autopilot dauerhaft zu versorgen. Wir haben das unterwegs mit dem Nachladen der Batterien unter Motor aus der Lichtmaschine kompensiert. Doch es behagt uns nicht, auf langen Überfahrten regelmäßig den Motor laufen lassen zu müssen, um unsere Batterien zu laden. Wir wollen also unser Solarpaneel erweitern oder erneuern, und das bedeutet, dass wir uns erstmal in die Materie einlesen müssen. Wieviel Leistung brauchen wir eigentlich? Was gibt es auf dem Markt an Solarpaneelen? Wie werden sie verschaltet? Welche Rolle spielt der Laderegler, und welcher Typ ist für uns am besten? Reichen bei größeren Solarpaneelen unsere Batterien aus? Und wie um alles in der Welt beschaffen wir uns die Sachen??? So bleiben wir auch beim scheinbaren Nichtstun am Ankerplatz beschäftigt.

Natürlich wollen wir auch etwas von der Insel sehen und unternehmen daher eine kleine Wanderung. Vom Aussichtspunkt Miradouro da Portela haben wir einen wunderbaren Blick über die trockene und ziemlich karge Insel, dann geht es um die Südostspitze der Insel zurück.

Hier in Porto Santo sind zum ersten Mal auf unserer gesamten Reise die Bedingungen zum Baden auch für uns überaus einladend: Das Wetter ist warm und das Wasser tiefblau mit angenehmen 23°C. Und so hüpfe ich zum ersten Mal vom Bugspriet ins erfrischende Wasser, schwimme eine Runde ums Boot und teste meine Schnorchelmaske – herrlich!

Am Wochenende ist ein kirchliches Fest in Vila Baleira, und so machen wir uns abends auf den Weg in den Ort. Schon auf dem Weg ins Zentrum kommt uns der feierliche Prozessionszug entgegen. Erst die Band, dann die kirchlichen Würdenträger mit der Monstranz und schließlich ordentlich in zwei Reihen und farbigen Umhängen die Gemeindemitglieder. Der Bereich vor der Kirche ist festlich mit Blumen und Girlanden geschmückt.

Wir sind auf der Suche, wo man eine Poncha trinken kann, einen Drink mit Rum aus Madeira, Orangensaft und Zucker. Wir fragen in einem Restaurant, doch nein, Poncha haben sie leider nicht auf der Karte. Als wir schon wieder draußen und auf der Suche nach einer anderen Lokalität sind, macht uns ein kleines Mädchen in festlich weißem Kleid auf die Kellnerin aufmerksam, die hinter uns her gelaufen kommt. Sie habe den Chef gefragt, und wir können doch bei ihnen eine Poncha bekommen. Und so sitzen wir schließlich mit Blick auf das festliche Treiben bei unserem Wunschgetränk und können – nicht nur wegen der Poncha – mal wieder kaum fassen, wie gut es das Schicksal mit uns meint.

Am nächsten Morgen lichten wir unseren Anker und machen uns auf den Weg nach Madeira. Für die nächsten Tage ist Wind mit starken Böen und, was uns hier am Ankerplatz noch unangenehmer erscheint, hohen Wellen angesagt. Gern würden wir nochmal wieder kommen und das entspannte Inselleben genießen. Eine Woche Porto Santo vergeht einfach viel zu schnell.