In die Normandie

Für heute steht ein langer Schlag an: Wir wollen bis Boulogne-Sur-Mer, das etwa 65 Seemeilen entfernt liegt. Die Etappe zu teilen scheint uns aber keine gute Option zu sein, denn wir haben ein Zeitfenster mit zwei Tagen für die Strecke nach Dieppe, dann ist Sturm vorhergesagt. Wieder wollen wir die Tidenströmung möglichst gut nutzen, was heute, am 05.05.2023, einen frühen Start bedeutet: Schon um viertel nach sechs morgens legen wir ab.

Vor dem Hafen kommt ein Regenschauer, aber es bleibt der einzige an diesem Tag. Es klart dann mehr und mehr auf und die Sonne kommt heraus. Der Wind weht mit angenehmen drei bis vier Beaufort fast genau von hinten, so dass wir vor dem Wind kreuzen. Vor Calais müssen wir auf den intensiven Fährverkehr achten, ansonsten ist es ein langer, schöner Segeltag, und wir haben zwischendurch abwechselnd die Gelegenheit für ein Nickerchen.

 

Nach etwa zwölf Stunden haben wir es dann nach Boulogne-Sur-Mer geschafft, dem größten Fischereihafen von Frankreich. Da der Tag lang war und es am nächsten Morgen ebenso früh weiter gehen soll, nehmen wir uns nicht die Zeit für einen Stadtrundgang, sondern gehen früh schlafen.

Die Strecke nach Dieppe ist mit 45 Meilen nicht ganz so weit. Der Wind mit etwa drei Beaufort etwas schwächer und weht mit Halbwind oder raumschots. Es ist sonnig und spürbar wärmer – wunderbares Champagnersegeln also, das wir erstmals im Cockpit außen genießen.

Wir erreichen Dieppe schon am frühen Nachmittag und legen im Stadthafen an. Hier werden wir St‘ Raphaël längere Zeit liegen lassen und hierher haben wir auch unser Beiboot bestellt.

Wir sind wegen des Wetters schon ein paar Tage vor unserer geplanten Abreise in Dieppe angekommen, was uns Gelegenheit gibt, ein paar anstehende Arbeiten zu erledigen: Wäsche waschen, Anker inspizieren und Längen markieren, Entwässerung des Kettenkastens anbringen, Roststelle konservieren, Außenbedienung für Funkgerät montieren, Lüsterklemmen auf Wago-Klemmen umstellen, Entwässerungsleitung des Boilers in die Bilge legen und und und … so ein Boot hält einen ziemlich beschäftigt.

Dieppe ist bekannt für seine Jakobsmuscheln. Jetzt, Anfang Mai, ist die die Saison fast zu Ende. In der Stadt gibt es zwei Stellen, an denen die Fischer den tagesaktuellen Fang direkt verkaufen. Hier kaufen wir uns Jakobsmuscheln, die uns vom Fischer selbst an Ort und Stelle aufgemacht werden. Die Zubereitung erfahren wir gleich am Markstand von einem gesprächigen Belgier, der hier in der Saison jeden Samstag Jakobsmuschen kauft. Er empfielt, sie nur kurz mit Butter in der Pfanne zu braten und mit Lauchgemüse als Beilage zu essen – wunderbar!

Es ist ein seltsames Gefühl, das Boot nun für längere Zeit hier alleine zu lassen. Zwar sind wir bisher erst sechs Tage wirklich mit ihm unterwegs gewesen, aber wir sind inzwischen im Bootsleben auf der St‘ Raphaël angekommen und freuen uns drauf, zu ihr zurück zu kommen. Unsere Tour soll da erst weiter an der französischen Küste nach Westen und dann über den Englischen Kanal nach Cornwall führen.