Am 23. Oktober fliegen wir von unserem Besuch in Deutschland wieder zurück nach Teneriffa. Wir haben zwei große, schwere Taschen mit Gepäck dabei, die nur zu einem Bruchteil mit persönlichem Reisegepäck wie Kleidung und Waschzeug gefüllt sind. Der weitaus größte Teil besteht aus Ausrüstung für unser Boot: Zwei neue Wasserpumpen, eine zum Einbau und eine als Ersatz, eine neue Genuareffleine, diesmal inklusive neuer Klemme, da die alte Klemme wiederholt die Leinen beschädigt hat, neue Rollenblöcke für den Baumniederholer, eine maßgefertigte Befestigung für den Antennenmast, Korrosionsschutzöl, Ersatzteile für Winschen und und und. Am Tag nach unserer Ankunft an Bord kommt dann außerdem die Lieferung mit unseren neuen Solarpaneelen an, pünktlich und vollständig von einer Spedition, die sich auf Umzüge von Deutschland auf die Kanaren spezialisiert hat. Es ist schon erstaunlich, was man an Ausrüstung in so ein Boot steckt. Immer gibt es irgendwas zu ersetzten, zu reparieren, zu verbessern.
Entsprechend lang ist auch wieder unsere To-Do-Liste mit Arbeiten, die wir vor unserem nächsten Start noch erledigen wollen. Doch die Abarbeitung beginnt, abgesehen von der schnellen, erfolgreichen und platzsparenden Installation der neuen Wasserpumpe, nur sehr zäh. In der ersten Woche ist Schauerwetter. Sonne und Regen wechseln in kurzer Folge, und die Regenpausen sind nicht lang genug, um draussen Arbeiten zu erledigen. Und dann bricht wenige Tage nach unserer Ankunft auf dem Boot bei mir auch noch eine Erkältung hervor. Ich hänge drei Tage krank herum, dann geht es mir zum Glück besser.
Nun bietet sich die Möglichkeit, uns mit einer guten und langjährigen Freundin meiner Eltern zu treffen. Sie hat eine Finka auf Teneriffa und verbringt dort schon seit vielen Jahren die kalten Monate des Jahres. Als sie ohnehin einen Termin nicht allzu weit entfernt hat, kommt sie uns an Bord besuchen. Ich habe sie zwar seit über fünfundzwanzig Jahren nicht mehr gesehen, doch wir sind vom ersten Moment an in einer munteren Unterhaltung über die Familien, meine und ihre, das Leben auf Teneriffa und unsere Reise. Sylvia ist so quirlig und munter, wie ich sie aus meiner Kindheit in Erinnerung habe, und ich erfahre manches lustige Detail auch über meine Eltern und Brüder. Was für ein bereicherndes Zusammentreffen! Marc muss uns daran erinnern, als es Zeit ist, zum Flughafen aufzubrechen. Dort kommt heute Marcs Mutter Christine an. Sie will mit uns zehn Tage auf Teneriffa verbingen, und praktischerweise kann uns Sylvia zum Flughafen mitnehmen, um sie abzuholen.
Leider wird Marc einen Tag nach Christines Ankunft krank. Ich habe ihn offenbar angesteckt. Die gemeinsame Erkundung der Insel muss also erstmal verschoben werden. Christine hat ein Appartment im nahe gelegenen San Andres. Sie genießt ein paar Tage für sich mit Sonne, Strand und Wärme und hält sich mit langen Spaziergängen zu unserem Boot fit. Abends treffe ich mich manchmal mit ihr zum Essen an Bord – mit Marc in infektionssicherer Entfernung – auf einen Drink in einer Kneipe in San Andres oder zu einem kurzen Ausflug im Abendlicht entlang der Nordküste.
Während dieser Tage arbeiten Marc und ich am Boot an der Installation der neuen Solaranlage, soweit seine Erkältung es zulässt. Nach drei Tagen ist es geschafft, und das Ergebnis kann sich sehen lassen. Nun haben wir mehr Nennleistung, eine bessere Ausbeute, mehr Speicherkapazität und die Statuskontrolle über eine App. Nach der Umrüstung der Wasserpumpe ist dies nun der zweite Technologiesprung, den wir hier auf Teneriffa umgesetzt haben. Uns wird einmal mehr bewusst, dass Bootstechnik ein wesentlicher Aspekt des Langfahrtsegelns ist.
Nach einer knappen Woche ist Marcs Erkältung soweit angeklungen, dass wir zu dritt mit dem Mietwagen Ausflüge auf der Insel unternehmen. Wir machen einen Ausflug in den urwüchsigen Lorbeerwald im Norden der Insel, eine kurze Wanderung in die Vulkanlandschaft der Malpaís de Güímar, erkunden die karge Bergwelt des Teide und den Kiefernwald. Auf unseren Touren machen wir Halt in den alten Orten Vilaflor und La Orotava, verbringen einen Abend in La Laguna und einen Tag mit Shopping in Santa Cruz.
Wir sind überrascht, wie vielfältig die Natur der Insel ist. Auch scheint sich der Tourismus auf Teneriffa in den Bettenburgen der Westseite und an den Top-Sehenswürdigkeiten wie der Seilbahn zum Teide zu konzentrieren. Abseits davon hält sich der Touristentrubel trotz Hochsaison in Grenzen.
Am 10. November ist Christines Reise nach Teneriffa zu Ende. Wir haben eine wunderbare und trotz Marcs Erkältung ereignisreiche Zeit miteinander verbracht, und der Abschied fällt nicht leicht. Wenn wir unsere Reisepläne umsetzen können, werden wir erst nach der Atlantiküberquerung und der ersten Saison in der Karibik wieder nach Deutschland zurück reisen und uns wiedersehen.
Noch eine knappe Woche sind wir nun wieder mit Arbeiten auf dem Boot beschäftigt. Ich bessere ein paar Kratzer an Rumpf und Bugspriet aus, bin aber enttäuscht, wie ungleichmäßig der aufgetragene Lack trotz aller Mühen beim Spachteln und Schleifen schließlich aussieht. Wieder was gelernt: Das Lackieren überlassen wir, sofern die Beschädigung nicht bis zum Metall reicht, künftig besser einem Profi. Wenigstens verläuft das Bunkern von Proviant für die Atlantiküberquerung erfolgreich: Ich habe schon in der ersten Woche eine Liste mit den erforderlichen Lebensmitteln und Haushaltswaren erstellt und wir haben den Mietwagen genutzt, um uns dann mit den haltbaren Vorräten und Wasser in Flaschen einzudecken.
Nachdem Marc die an Bord geschleppten Berge von Dosen und Tüten penibel katalogisiert hat, gelingt es uns schließlich, alles sinnvoll im begrenzten Stauraum des Bootes unterzubringen und dabei auch noch die Gewichtsbalance des Bootes zu verbessern.
Seit unserer Ankunft auf Tenriffa sind inzwischen drei Wochen vergangen. Nun haben wir genug vom Leben im Hafen, zumal die Marina Tenerife ziemlich abseits liegt. Wir wollen weiter. Unser nächstes Ziel ist La Palma, wo wir mit guten Freunden verabredet sind, die nun dort Urlaub im Ferienhaus machen.